Psychischer Stress hinterlässt Spuren im Gehirn

Corona, Krieg, Klimasorgen - alles potentielle Auslöser für psychischen Stress. Als Folge entstehen eine erhöhte Reizbarkeit, ein nachlassendes Gedächtnis oder Schlafstörungen.

Was versteht man eigentlich unter dem Begriff Stress?

In unserer Gesellschaft wird dieser Begriff äußerst unpräzise angewendet. Jeder hat schonmal folgende Aussagen getätigt oder gehört:

Kirsch betonte in seinem Vortrag, dass solche Aussagen über Stress nicht zwischen Auslöser und Reaktion differenzieren. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Unterscheidung zwischen Stressor und Stressreaktion durchaus ausschlaggebend: Es wird zwischen physiologischen und psychologischen Stressoren unterschieden. Physiologische Stressoren zeichnen sich durch ihren direkten Einfluss auf den Organismus aus. Zu ihnen zählen u.a. Schmerz, körperliche Anstrengung sowie der Einfluss bestimmter Substanzen.  Psychologische Stressoren sind meist neu, unkontrollierbar, und unvorhersehbar. Kognitive Anstrengung und soziale Bewertung gehören ebenso dazu.1

Belastung und Beanspruchung variieren interindividuell

Der Stressor an sich löst als Reiz eine Stressreaktion aus. Diese wiederum ist eine physiologische Reaktion auf bedrohliche bzw. aversive Situationen. Der Stressor kann in Stärke und Dauer variieren und ist objektiv erfassbar. Kirsch verwendete zur Veranschaulichung eine weitere Darstellungsweise in der der Stressor mit der Belastung und die Stressreaktion mit der Beanspruchung gleichgesetzt wird. Die Beanspruchung als Stressreaktion wird hierbei subjektiv wahrgenommen, ist jedoch auch objektiv anhand bestimmter Parameter messbar. Sie variiert ebenso in Dauer und Stärke und kann mit einer Schädigung des betroffenen Individuums einhergehen. Die jeweiligen Personenmerkmale sind die entscheidende Brücke zwischen den beiden letzteren.1

Körperliche Stressreaktionen kurz zusammengefasst

Kirsch brachte dem Auditorium die unterschiedlichen Typen von Stressreaktionen näher:

Geist und Verstand leiden nachweislich unter Dauerstress

Chronischer Stress führt dazu, dass es zu einer Verstellung des Regelkreises im Bereich des Hypophysenvorderlappen-Nebennierenrindensystem kommt.1

Chronischer psychischer Stress macht den Körper krank

Chronischer Stress kann auf lange Sicht hin über die Langzeitwirkungen von Glucocorticoiden zu allerlei Erkrankungen führen. Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck ist bekanntlich mit kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert. Es kann auch zu einer Schädigung des Muskelgewebes (durch die permanente Anspannung), zu Magengeschwüren sowie zur Unfruchtbarkeit, Schlafstörungen und einer Schwächung des Immunsystems kommen.1

Neuroplastische Reaktionen auf chronischen Stress

Kurzzeitiger Stress kann im Bereich des Hippocampus zu einer dysfunktionalem Gedächtnisbildung führen. Bei Dauerstress kommt es zu einer dendritischen Atrophie im Bereich des Hippocampus. Die Folge hiervon ist ein nachlassendes Gedächtnis. Im medialen präfrontalen Cortex kann Dauerstress ebenfalls eine dendritische Atrophie induzieren. Auch hier ist die Folge ein nachlassendes Gedächtnis. Im Bereich der zentralen Amygdala führt Dauerstress zu einer gesteigerten CRH-Expression. Dies geht mit einer gesteigerten autonomen Erregbarkeit und Dysphorie einher. Im Bereich der basolateralen Amygdala ist der Effekt von Dauerstress eine gesteigerte dendritische Verästelung. Der Hypothalamus reagiert auf Dauerstress mit einer verminderten GR-Expression und einer gesteigerten Stressanfälligkeit. Insgesamt kann man sagen, dass Dauerstress zu Umbauprozessen im Gehirn führt, die die Regulationsfähigkeit des Gehirns bei akut und neu auftretendem Stress deutlich beeinträchtigen können.1

Die nachhaltigsten Effekte auf die Hypothalamus-Hypophysen-Achse hat sozial-evaluativer Stress

Der sozial-evaluative Stress stellt sowohl für den Entstehungsprozess somatischer als auch psychischer Erkrankungen den wichtigsten Faktor dar. Hinsichtlich der Entstehung von Schlafstörungen spielen CRH-Anstiege hier eine besondere Rolle: Sie erhöhen die Frequenz des Schlaf-EEGs, erhöhen den leichten Schlaf und reduzieren gleichzeitig den Slow Wave Sleep.1

Resilienzen schaffen im "Stresszeitalter"

Kirsch zufolge ist die Anpassung der Personenmerkmale im "Stresszeitalter" -neben der Reduktion der Belastung – die beste Option, die wir als Gesellschaft haben. Einer der wichtigsten Resilienzfaktoren hierbei ist die "körperliche Aktivität". Im Bereich des Hippocampus geht "körperliche Aktivität" mit einer Reduktion der Neurotoxizität von Stresshormonen einher. Ein weiterer Resilienzfaktor ist ein Aufenthalt in der Natur. Eine weitere Therapieoption ist Neurexan. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus Passionsblume, Hafer, Zinksalz, Baldriansäure und Kaffeesamen. Neurexan reduzierte in einer Studie die Stressreaktion im Stressnetzwerk des Gehirns.1

Fazit für die Praxis

Chronischer Alltagsstress führt:

Quelle: