Neue SARS-CoV-2-Mutanten sind resistent gegen Interferone

SARS-CoV-2 befindet sich in einem ständigen Anpassungsprozess an den menschlichen Wirtsorganismus. Neue Varianten haben eine erhebliche Resistenz gegen die antivirale Wirkung bestimmter Interferone entwickelt.

Interferone im Kampf gegen die neuen SARS-CoV-2-Varianten

Das angeborene Immunsystem bildet die erste Verteidigungslinie gegen das Coronavirus. Im Kampf gegen Viren nehmen die unterschiedlichen Interferone (IFN) eine besondere Stellung ein. Möglicherweise hat ein evolutionäres Wettrüsten dazu geführt, dass der menschliche Körper über so eine große Vielfalt an Interferonen verfügt. Typ-I-IFN wie die 12 IFNα-Subtypen IFNβ und IFNω signalisieren über den IFN-α-Rezeptor.

Die Typ-III-IFN IFNλ1, IFNλ2 und IFNλ3 hingegen nutzen den IFNλ-Rezeptor für die Signalübertragung. Dieser kommt auf Lungenepithelzellen vor. Die unterschiedlichen IFN besitzen auch eine unterschiedlich stark ausgeprägte inhibitorische Wirkung gegen die verschiedenen Viren. IFNα14, IFNα8 und IFNα6 hemmen das HIV-1 am stärksten, wohingegen IFNα5 die stärkste Wirkung gegen das Influenza-H3N2-Virus zeigt. Die Interferone IFNα2, IFNβ und IFNλ haben bisher besonders gut gegen SARS-CoV-2 gewirkt. IFNα2 und IFNβ besitzen klinischen Studien zufolge ein therapeutisches Potenzial gegenüber SARS-CoV-2.1

Neue SARS-CoV-2-Varianten umgehen das angeborene Immunsystem

Die Umgehung des angeborenen Immunsystems durch die neuen SARS-CoV-2-Mutationen hat zuletzt für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Bereits frühere SARS-CoV-2-Varianten hatten es zu trauriger Berühmtheit geschafft, da sie das erworbene Immunsystem auszutricksen konnten. Die SARS-CoV-2-Linie B.1.351 (beta) erwarb eine E484K-Mutation, die mit einer Resistenz gegen neutralisierende Antikörper einherging. Die Forschungsgruppe aus Colorado wollte durch ihre Studie herausfinden, ob neue SARS-CoV-2-Varianten nun auch Mechanismen entwickelt haben, um den antiviralen Interferonen des angeborenen Immunsystems entgegenzutreten. Sie untersuchten die SARS-CoV-2-Linien P.1, B.1.617.2 und B.1.1.529. Sie verglichen die Wirkung bestimmter Interferone auf die Ursprungsvariante mit der Wirkung auf die fünf SARS-CoV-2-Linien B.1.1.7 (alpha), B.1.351 (beta), P.1 (gamma), B.1.617.2 (delta) und B.1.1.529 (omicron).

Anhand einer Heatmap beurteilte die Forschungsgruppe die IFN-Empfindlichkeit der unterschiedlichen SARS-CoV-2-Varianten. Sie konnten deutliche Unterschiede in der IFN-Empfindlichkeit der SARS-CoV-2-Varianten beobachten. Im Vergleich zu Deutschland/BavPat1/2020 zeigte sich eine 17- bis 122-fache IFN-I-Resistenz der neuen SARS-CoV-2-Varianten. Der B.1.1.7-Stamm (alpha) wies die höchste IFN-I-Resistenz auf. Dies bedeutet, dass die neu aufgetretenen SARS-CoV-2-Varianten resistenter gegen antivirale IFN als die ursprünglichen Isolate gewesen waren.1

Die Ergebnisse dieser Forschungsgruppe sind aus folgenden Gründen besorgniserregend:

Quellen: 

1. Guo K. et al. (2022). Interferon resistance of emerging SARS-CoV-2 variants, Proceedings of the National Academy of Sciences (2022).