Biologika-Behandlung: Keine bösen Überraschungen

Langzeitdaten aus elf europäischen Registern zur Erfassung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit Biologika behandelt werden, sprechen insgesamt für einen Erfolg des Therapiezweigs.

Noch weitere gemeinsame Register-Analysen notwendig

Langzeitdaten aus elf europäischen Registern zur Erfassung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit Biologika behandelt werden, sprechen insgesamt für einen Erfolg des Therapiezweigs.  

Seit der Zulassung der ersten Biologika zur Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) im Jahr 2001 konnten einige Daten gesammelt werden, die einen guten Überblick über Chancen und Risiken einer TNFi-Therapie geben. In Europa wurden elf Biologika-Register ins Leben gerufen, die fortlaufend mit Daten aus der Praxis gefüllt werden. Die Datensammlung der Register der verschiedenen Länder sei extrem wichtig für das langfristige Therapie-Management von RA-Patienten, so Dr. med. Anja Strangfeld vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin. In ihrem Vortrag "Alte Biologika – neue Risiken?" auf dem 46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie gab sie einen kurzen Überblick zur aktuellen Datenlage, konstatierte jedoch, dass entgegen ihres Vortragstitels von alten Biologika nicht die Rede sein könne, da die meisten gängigen Präparate erst seit höchstens zehn Jahren auf dem Markt seien. 

Infektionen – Tuberkulose

Bei vorhergegangenen Tuberkulose (TB) Erkrankungen besteht nach wie vor das Risiko einer Reaktivierung nach 0 – 15 Jahren der Therapie. Die Zulassungsstudien gaben dafür ursprünglich kein Signal, auch weil Patienten mit Vorerkrankungen gar nicht zugelassen wurden. Erste Verdachtsfälle wurden erst nach der Markteinführung über Spontanreporte in den USA bekannt. Nach erfolgreicher Umsetzung der Screening-Empfehlungen konnten die TB-Raten auf 83% gesenkt werden. Es gilt kein Therapiebeginn mit aktiver TB. Für die verschiedenen Biologika gibt es mittlerweile Screening-Empfehlungen. Nur bei Rituximab gab es bisher keinerlei Evidenz einer möglichen TB-Reaktivierung. 

Allerdings reicht das alleinige Screening nicht immer aus. Auch bei Patienten mit einem negativen Screening kann sich auch Jahre nach dem Beginn der Therapie eine Tuberkulose entwickeln. Zusätzlich ist vor allem nach Urlaubsreisen oder bei Patienten die zuvor in einem Tuberkulose verbreiteten Gebiet gelebt haben – zum Beispiel in Brasilien - an eine mögliche TB-Infektion zu denken. 

Opportunistische Infektionen

Um mykobakterielle Infektionen unter Biologika möglichst zu verhindern, müssen Patienten umfangreich über präventive Maßnahmen und potenzielle Risiken aufgeklärt werden. Dazu gehört eine besonders strikte Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln sowie die Vermeidung bestimmter Regionen (z.B. Zecken) und riskanter Freizeitaktivitäten (z.B. Caving). 

Virale Infektionen

In Bezug auf virale Infektionen konnte dieses Jahr mit der neuen Herpes Zoster Impfung Shingrix ein Meilenstein in der Prävention erreicht werden. Neu ist, dass die Impfung auch ältere Patienten vor dem Virus schützt. Es wird daher empfohlen, Patienten vor Therapiebeginn zu impfen. Sollte jedoch unter einer Biologika-Therapie schon eine Herpes Zoster Infektion stattgefunden haben, sollte der Arzt drei bis sechs Monate warten, so dass sich das Immunsystem regulieren kann, bevor der Impfstoff verabreicht wird.

Schwerwiegende Infektionen insgesamt

Der RABBIT Risiko-Score Rechner des deutschen Biologika-Registers berechnet, dass das Risiko, an einer schwerwiegenden Infektion zu erkranken, unter einer TNFi-Therapie bei 20,9% liegt. Allerdings gibt es eine gute Nachricht, und zwar wirken TNF-Inhibitoren protektiv beim Auftreten einer Sepsis. Studien fanden heraus, dass Patienten mit einer Sepsis eine erhöhte Konzentration von TNFalpha in ihrem Blut hatten. Demzufolge wird davon ausgegangen, dass die Anti-TNF Therapie immunisierend wirkt. Eine Studie von Richter et al. (2016) mit Daten aus dem RABBIT Register konnte diese Theorie bestätigen.  

Malignome

Daten des dänischen DANBIO Registers zeigen, dass Malignome unter einer Biologika-Therapie nicht häufiger auftreten als in der DMARD-Gruppe. Allerdings besteht insgesamt in beiden Gruppen, verglichen mit der Bevölkerung, ein höheres Risiko an einem Basalzell- oder einem Plattenepithelkarzinom zu erkranken. Zu diesem Ergebnis führten auch die Daten des schwedischen ARTIS Registers. In der gesamteuropäischen Analyse der elf Biologika-Register fand man auf 583.000 Patientenjahre 287 maligne Melanome. Daten aus dem britischen BSRBR Register zeigen, dass RA-Patientinnen bei hochgradigen Zervix-Dysplasien deutlich seltener zu finden waren, als in der Normalbevölkerung. Es wird davon ausgegangen, dass das mit der Inanspruchnahme der Screening-Maßnahmen unter einer Biologie-Therapie zusammenhängt.  

Überleben nach Krebserkrankungen

Die schwedische Studie ARTIS führte Daten des schwedischen Biologika-Registers mit den Daten der nationalen Krankenhause-Ambulanz zusammen und fand keinen Unterschied bei RA-Patienten im Krebsstadium bei Erstdiagnose oder in der Überlebensdauer. Insgesamt wurden 314 Krebserkrankte unter anti-TNF und 4.650 Krebserkrankte, die nicht auf eine Anti-TNF Therapie eingestellt waren, erfasst. Auch die Studie des britischen Registers kam zu dem gleichen Ergebnis. 

Therapie nach Krebserkrankung

Das britische Register untersuchte außerdem die Häufigkeit von Malignomen bei Patienten mit Malignom-Erkrankungen in der Vorgeschichte. Im Register hatten 425 Patienten bei Einschluss in eine Biologika Therapie eine Malignom-Amamnese.
Die  Brustkrebsrekurrenz bei RA-Patientinnen untersuchten die Schweden, indem sie Daten aus drei schwedischen Registern - Biologika (ARTIS), ambulanten RA-Patientinnen und dem Krebsregister zusammentrugen und Paare matchten. Insgesamt entstanden 120 Paare, bei denen die Kriterien erfüllt wurden. Die Studie fand keinen Unterschied in der Rekurrenz-Rate zwischen biologikanaiven und TNFi behandelten Patientinnen. Allerdings lagen zwischen der Tumordiagnose und dem TNFi -Therapiebeginn im Median 9,4 Jahren (Raaschau 2015).

Wichtige Erkenntnisse

Quellen:

46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie. 13. Neue Medikamente, neue Risiken. 13.01 | Alte Biologika – alle Risiken bekannt? Anja Krause, Berlin. 16:45 – 18:15. Freitag, 21. September 2018, Mannheim. 

Raaschau P. et al Ann Rheum 2015. Dec: 74 (12): 2137-43.