Plattenepithelkarzinome im Analbereich: Prävention und Therapie

Das Analkarzinom ist eng mit einer Infektion durch humane Papillomviren assoziiert. Eine HPV-Impfung bietet deshalb eine gute Möglichkeit zur Prävention.

Große Hoffnungen auf Radiochemotherapie und Immuntherapeutika 

Das Analkarzinom ist eng mit einer Infektion durch humane Papillomviren assoziiert. Eine HPV-Impfung bietet deshalb eine gute Möglichkeit zur Prävention. Weitere Risikogruppen sowie die Behandlungsmöglichkeiten dieser seltenen Krebserkrankung wurden bei einem Symposium während der Jahrestagung 2019 der ASCO (American Society of Clinical Oncology) Anfang Juni vorgestellt.

Das Plattenepithelkarzinom des Analbereichs (Analkarzinom) gilt als seltene Krebserkrankung, die mit einer jährlichen Inzidenz von etwa 1-2 pro 100.000 auftritt. Die Inzidenz steigt jedoch in den Ländern der westlichen Welt um 2,2% jährlich. Weltweit sollen 2018 etwa 48.000 Fälle auftreten. Als Vorläufer des Analkarzinoms gelten LSIL (low-grade squamous intraepithelial lesion) und HSIL (high-grade squamous intraepithelial lesion).

Risikofaktoren für das Analkarzinom

Bekannte Risikofaktoren sind, so Joel Palefsky, Universität von Kalifornien, San Francisco, USA, eine Infektion mit humanem Papillom-Virus (HPV), Immunsuppression, sexuell übertragene Erkrankungen in der Anamnese und Tabakmissbrauch. HPV sind kleine doppelsträngige DNA-Viren, die Epithelzellen von Haut und Schleimhaut infizieren und ein unkontrolliertes Zellwachstum auslösen können. Von den mehr als 200 bekannten HPV-Typen gelten etwa 15 Subtypen als onkogen, so sind 90 bis 95% der Analkarzinome mit HPV 16 und HPV 18 assoziiert.

Aufgrund der Immunsuppression ist das Risiko für ein Analkarzinom bei HIV-Infizierten stark erhöht. So liegt die Inzidenz bei HIV-infizierten schwulen Männern bei 131/100.000, bei HIV-infizierten Männern bei 46/100.000 und bei HIV-infizierten Frauen bei 30/100.000. Trotz der Verfügbarkeit einer wirksamen Therapie gegen die HIV-Infektion ist das Analkarzinomrisiko hoch, weil die an HIV-Erkrankten sehr häufig an einer latenten HPV-Infektion leiden.

Primärprävention

Die Primärprävention hat das Ziel, sowohl die initiale HPV-Infektion als auch die Langzeitpersistenz des Virus mit onkogenetischen Wirkungen zu verhindern. HPV-Impfprogramme können die Häufigkeit von Anal-, Zervikal-, Vaginal- und Vulvakarzinom sowie von Peniskrebs senken. Eine quadrivalente Vakzine mit Wirksamkeit gegen HPV 6/11/16 und 18 verringerte im Vergleich zu Placebo die Häufigkeit analer intraepithelialer Neoplasien vom Grad 2 und 3 bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) um 54,2% in der Intention-to-Treat-Gruppe und um 74,9% in der Per-Protokollgruppe.

Das Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) der amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) empfiehlt für Jungen und Mädchen bis zum Alter von 14 Jahren zwei Impfinjektionen im Abstand von 6 Monaten. Ab einem Alter von 15 Jahren sowie bei HIV-positiven und anderen immunsupprimierten Personen sollen drei Injektionen in Monat 0, 1-2 und 6 gegeben werden. Die Wirkung hält mindestens 10 Jahre an.

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention baut auf das Screening, um rechtzeitig präkanzeröse Läsionen zu finden. Ein Screening wird für folgende Personen empfohlen:

Die Behandlung einer analen HSIL ist eine Herausforderung, häufig sind mehrfache ablative Prozeduren erforderlich. Hier besteht noch erheblicher Optimierungsbedarf.

First-Line-Therapie des Analkarzinoms

Therapiestandard ist die Radiochemotherapie mit Fluorouracil und Mitomycin, so Rob Glynne-Jones, Mount Vernon Cancer Centre, Northwood, Middlesex, UK. In Abhängigkeit vom Erkrankungsstadium profitieren 70 bis 90% der Patienten von der Radiochemotherapie. 10 bis 20% der Patienten sind nicht empfindlich auf die Behandlung oder erleiden früh ein Rezidiv. Nach einem Rezidiv können 30 bis 40% der Patienten erfolgreich abdominoperineal reseziert werden.

Glynne-Jones sieht einen hohen Bedarf für bessere initiale Behandlungsverfahren. Eine zusätzliche Induktionstherapie mit Fluorouracil und Cisplatin vor sowie eine Konsolidierung nach der Radiochemotherapie hatten in Studien keinen positiven Effekt.

In derzeit laufenden Studien werden der Immuntherapeutika wie Pembrolizumab und Nivolumab untersucht.

Behandlung des rezidivierten/metastasierten Analkarzinoms

Die Mehrzahl der Patienten mit einem Analkarzinom leidet unter lokal fortgeschrittener Erkrankung und können mit Radiochemotherapie als kurativem Ansatz behandelt werden. Nach Aussage von Cathy Eng, Vanderbilt, University Medical Center, Nashville, Texas, USA, entwickeln sich bei weniger als 20% der Patienten Metastasen. Dann liegt das 5-Jahres-Überleben bei 30%. In den NCCN-Leitlinien von 2018 wird für die Behandlung der metastierten Erkrankung Fluorouracil/Cisplatin empfohlen.

In der InterAACT-Studie wurden Patienten mit rezidiviertem oder metastasiertem therapienaivem Analkarzinom randomisiert mit Cisplatin/Fluorouracil (n = 39) oder Carboplatin plus wöchentlichem Paclitaxel (n = 35) behandelt. Die Ansprechraten waren mit 57 bzw. 59% in beiden Gruppen ähnlich. Patienten im Carboplatin/Paclitaxel-Arm lebten jedoch im Median mit 20 Monaten länger als im Cisplatin/Fluorouracil-Arm mit 12,3 Monaten (p= 0,014). Auch das progressionsfreie Überleben war mit 8,1 vs. 5,7 Monaten länger (p = 0,375). Schwere unerwünschte Wirkungen waren im Carboplatin/Paclitaxel-Arm mit 36% seltener als im Vergleichsarm mit 62%.

Weil die Mehrzahl der Analkarzinome mit einer HPV-Infektion assoziiert ist, verspricht man sich von Immuntherapeutika wie Nivolumab oder Pembrolizumab günstige Effekte. Die Wirkung von Nivolumab wurde in der einarmigen NCI9673-Studie bei 37 vorbehandelten Patienten mit metastasiertem Analkarzinom untersucht. 9/37 Patienten (24%) sprachen auf Nivolumab an, und zwar 2 komplett und 7 partiell.

In den aktuellen NCCN-Leitlinien von 2019 sind nun Cisplatin/Fluorouracil sowie bevorzugt Carboplatin/Paclitaxel und im weiteren Verlauf Nivolumab oder Pembrolizumab aufgenommen.

Eng rief dazu auf, die Patienten zu motivieren, sich in klinischen Studien behandeln zu lassen.

Quelle:
The management and prevention of anal squamous cell carcinoma. Educational Symposium, 2019 ASCO Annual Meeting, Chicago, 31. Mai bis 4. Juni  2019.