Reformen im Gesundheitswesen: Hoffnung für die sprechende Medizin?

Bringt die Krankenhausstrukturreform dringend benötigte Veränderungen für die Diabetologie und die sprechende Medizin? Der neue DDG-Präsident Prof. Andreas Fritsche hat klare Ziele für die Zukunft der diabetologischen Versorgung.

Interview mit Prof. Dr. med. Andreas Fritsche

Krankenhausstrukturreform: Abkehr vom System der Diagnosis Related Groups 

"Diabetes ist ein Problem, das im Krankenhaus sehr häufig vorkommt," gibt der neue Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Prof. Dr. med.Andreas Fritsche, im esanum-Interview eindringlich zu verstehen. Jeder 5. stationär behandelte Patient über 20 Jahre in Deutschland ist von Diabetes betroffen. Genau diese Patienten weisen laut Frische eine höhere Mortalität auf und die Behandlung ist mit mehr Komplikationen verbunden.  Dennoch sei die Patientenversorgung alles andere als optimal, da die Diabetologie zum aktuellen Zeitpunkt noch sehr unter dem System der Diagnosis Related Groups leide – einem System, in dem die ökonomische Logik die ärztliche überholt.

Große Hoffnung sind jetzt mit der Krankenhausstrukturreform verbunden: Durch die gesundheitspolitischen Veränderungen könnte fortan eine bessere Diabetesversorgung an allen Stellen gewährleistet werden – vom kleinen Krankenhaus bis zum Maximalversorger. Diabetespatienten könnten somit besser transsektoral versorgt und auch in Level-1-Krankenhäusern durch niedergelassene Diabetologen betreut werden. Das bislang sehr prozedurenzentrierte System werde somit endlich zugunsten von sprechender Medizin verschoben, sodass Patienten durch Vorhaltepauschalen umfassend behandelt werden können.

DDG begleitet Lauterbach-Reformpläne "wohlwollend, aber kritisch"

Trotz der Aussicht auf umfangreiche Änderungen begleiten die DDG und Prof. Fritsche die Pläne von Karl Lauterbach "wohlwollend, aber kritisch" – schließlich sei der jetzige Gesundheitsminister in den Jahren zwischen 2003 und 2006 daran beteiligt gewesen, dass die DRGs überhaupt eingeführt wurden. "Der, der das Feuer gelegt hat, ist gleichzeitig der Feuerwehrmann, der das Feuer wieder löscht", so Fritsche. Man müsse genau im Auge behalten, ob alle Ziele wie geplant umgesetzt werden. Die DDG hat dazu einen 3-Punkte-Plan erstellt:

  1. Strukturierte Diabetesversorgung in allen Krankenhäusern → gerade an großen Krankenhäusern seien Diabetes-Units erforderlich
  2. Schutz von vulnerablen Gruppen → hierzu zählen vor allem kleine Kinder oder multimorbide Senioren, über Vorhaltepauschen müsse eine adäquate Versorgung erreicht werden
  3. Vorhaltepauschalen müssen finanziert werden

Für seine Zeit als DDG-Präsident hat Prof. Fritsche ein klares Ziel vor Augen: "Im Zentrum steht der Patient, der Mensch mit Diabetes." Eine gute Patientenversorgung müsse an ambulanter Stelle, aber auch in Krankenhäusern sichergestellt werden. Von fachlicher Seite stelle dies kein Problem dar: Laut Fritsche sind genug Diabetologinnen und Diabetologen vorhanden, weiterhin werden auch genügend Fachleute in der Diabetologie ausgebildet – für diese müsse nun allerdings Überzeugungsarbeit geleistet werden, auch in Kliniken zu arbeiten. 

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