Update Lipidmanagement: Innovative Behandlungsansätze

Das Lipidmanagement ist entscheidend für die Senkung des kardiovaskulären Risikos. Neben einer gesunden Ernährungs- und Lebensweise kommen hier verschiedene Lipidsenker zum Einsatz.

Interview mit Dr. med. Julia Brandts

Neue Zielstrukturen in der Lipidtherapie

Das Low-Density-Lipoprotein (LDL) ist ursächlich am Entstehungsprozess der Atherosklerose beteiligt. Neuesten Forschungsergebnissen zufolge gesellen sich weitere Zielstrukturen für die Lipidtherapie hier hinzu. So gehören zu den neuen Angriffspunkten für eine lipidsenkende Therapie Apolipoprotein C-III, Angiopoietin-ähnliches Protein 3 und 4, Apolipoprotein V sowie die ATP-Citrat-Lyase.2

Die Eskalationspyramide in der Lipidtherapie

Brandts betonte in ihrem Vortrag, dass die Zielstrukturen der Lipidtherapie die atherogenen Lipoproteine seien. Bei der Therapieplanung spielen hinsichtlich des LDL-Cholesterins dessen Höhe und Einwirkdauer die entscheidende Rolle. Den Leitlinien der ESC/EAS aus dem Jahr 2019 zufolge sollte bei erhöhtem Risiko des/der betroffenen Patienten/Patientin eine strenge Wahl des LDL-Zielwertes erfolgen. Brandts stellte dem Auditorium die schrittweise Eskalation der lipidsenkenden Therapie entsprechend dieser Leitlinien vor. Bei einem hohen Ausgangsrisiko würde sich ein hochpotentes Statin (Atorvastatin oder Rosuvastatin) als Basismedikament eignen. Bei Nichterreichen des LDL-Zielwertes wäre der nächste Schritt die Hinzunahme von Ezetimibe. Für den Fall, dass der LDL-Zielwert durch diese Kombinationstherapie weiterhin nicht erreicht werden könnte bzw. eine Statinunverträglichkeit vorläge, würden zwei weitere Wirkstoffklassen zur Verfügung stehen: ACL- und PCSK9-Inhibitoren.1

Keine Myopathien dank leberspezifischer Aktivierung der Bempedoinsäure 

Die Bempedoinsäure gehört zu den ACL-Inhibitoren. Sie hemmt die ATP-Citrat-Lyase. Dieses Enzym besitzt eine Schlüsselrolle in der Cholesterinbiosynthese. Ein wichtiger Unterschied zu den Statinen ist, dass die Bempedoinsäure als Prodrug zuerst in der Leber durch die SLC27A2 (very long chain Acetyl-CoA Synthase) aktiviert werden muss. Diese Aktivierung ist leberspezifisch. Im Gegensatz zu den Statinen kommt es dadurch nicht zu Myopathien.1

Clear-Outcomes-Studie gibt Hoffnung für statinintolerante Patienten

Brandts stellte dem Auditorium die neuesten Studienergebnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit der Bempedoinsäure vor. In der Clear-Outcomes-Studie zeigte sich eine kardiovaskuläre Risikoreduktion durch Bempedoinsäure ohne das Risiko einer Myopathie. Verglichen mit dem Placebo reduzierte die Bempedoinsäure das LDL-Cholesterin um 21%. Die Bempedoinsäure stellte somit eine wirksame Alternative für statinintolerante Patienten dar.1

Innovativer Behandlungsansatz zur Compliance-Verbesserung

PCSK9-Inhibitoren hemmen die Proproteinkonvertase Subtilisin Kexin Typ 9. Sie führen zu einer Zunahme der LDL-Rezeptoren im Bereich der Leberzellen und damit zu einem vermehrten LDL-Abbau. PCSK9-Inhibitoren werden als monoklonale Antikörper subkutan verabreicht. Inclisiran gehört zu den PCSK9-Inhibitoren. Es handelt sich hierbei um eine chemisch synthetisierte siRNA (small interfering RNA), die auf die PCSK9-Messenger-RNA abzielt. In der ORION-1-Studie reichten nur zwei Injektionen (Inclisiran) pro Jahr aus, um eine kontinuierliche LDL-Reduktion von bis zu 50% zu erreichen.1

Wichtigkeit des LDL

Quelle:
  1. Brandts, Julia, Dr. med., Aktuelle Entwicklungen in der Lipidtherapie, Neue Ziele und Strategien der Senkung atherogener Lipoproteine, Moderation: Parhofer K., Fritsche A, Diabetes, Kongress der Deutschen Gesellschaft für Diabetes 2023, Berlin, 10:30 Uhr, 18. Mai. 2023.
  2. Tokgözoğlu L. et al. (2022). The dawn of a new era of targeted lipid-lowering therapies. Eur Heart J. 2022 Sep 7;43(34):3198-3208.