Künstliche Intelligenz kann Hautärzte ergänzen, aber nicht ersetzen

Anamnese, Diagnose, Therapie - welche Rolle spielt KI in der Dermatologie und welche Bedeutung wird ihr in den nächsten Jahren zukommen? Die neue Präsidentin der Dermatologischen Gesellschaft blickt mit uns in die Zukunft.

Interview mit DDG-Präsidentin Prof. Dr. med. Julia Welzel

Unterstützung, aber kein Ersatz für die klassische Biopsie

Viele Hautärztinnen und Hausärzte nutzen ihr Smartphone bereits in der täglichen Praxis, um zum Beispiel vor dem Verschreiben eines Medikamentes die Nebenwirkungen nachzuschlagen. Somit sei die künstliche Intelligenz in erweiterter Form bereits in der Dermatologie angekommen, erklärt Prof. Welzel. In Zukunft würde man sicherlich auch Patientenbefunde mittels KI auswerten. Moderne Bildgebungsverfahren und optische Biopsien könnten die Diagnostik bei Hautkrebs zwar ergänzen, indem sie nichtinvasive Methoden nutzen. Die klassische Biopsie könnten sie jedoch nicht ersetzen, denn sie ermögliche auch molekulargenetische Untersuchungen. Aber sie könnten bei Verlaufskontrollen die Histologie ergänzen.

Dermatologische Sprechstunden durch Telemedizin ergänzen

Für Welzel ist die zielbasierte bildgebende Diagnostik zu Hause in zwei Fällen sinnvoll:

  1. Klassifizierung der Hauterkrankung bei neuen Patienten. Hier sei die Telemedizin schneller und genauer als das Telefon. Sie ersetze entweder den Arztbesuch oder der Patient könne bereits in eine Spezialsprechstunde verwiesen werden.
  2. Monitoring von Patienten, die immer wieder vorstellig werden müssen, etwa bei atopischer Ekzem oder Psoriasis. Sie könnten kontinuierlich zu Hause begleitet werden.

Grenzen und Gefahren der Dermatologie

KI sei immer nur so gut wie der Trainingsdatensatz, mit dem sie trainiert worden sei. Künstliche Intelligenz könne schwarzen Hautkrebs sehr gut von einem gutartigen Muttermal abgrenzen, wenn sie aber mit etwas Ungewöhnlichem konfrontiert werde, einer aufgekratzten Alterswarze, pigmentiertem hellem Hautkrebs oder einer Hautveränderung auf dunkler Haut, und dafür nicht trainiert worden sei, könne sie auch keine Diagnose stellen. Oder sie stelle gar eine falsche Diagnose. KI sei also immer mit kritischem Blick zu hinterfragen. Ärzte werden immer noch mit ihren Patienten sprechen, mit ihnen die Diagnosen und Therapiemöglichkeiten besprechen. KI kann Diagnostik und Therapie jedoch präzisieren und beschleunigen, und damit für mehr Patientensicherheit sorgen.

Ziele der Dermatologischen Gesellschaft für die Zukunft

  1. Digitalisierung der Dermatologie allgemein
  2. Nachwuchsförderung und -gewinnung, indem die Attraktivität des Fachbereiches verstärkt wird, zum Beispiel durch familienfreundliche Arbeitsbedingungen und Ausbau einer Führungsakademie, die die Leitungsfunktionen der Kollegen schult
  3. Aktives Einbringen in Themen der Gesundheitspolitik, die das Fachgebiet betreffen
  4. Auswirkung des Klimawandels auf die Dermatologie berücksichtigen
     

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