Bluthochdruck erfolgreich behandeln: Zielwerte kennen kein Alter

Wie eine moderne Hochdrucktherapie aussieht, erklärte Dr. Gitt auf den DKG Herztagen. Schon bei erhöhten Werten sollte eine Risikostratifikation erfolgen. Alter und gute Blutdruckeinstellung schließen einander nicht aus.

Laut den Ergebnissen der Studie GEDA 2024/2015-EHIS hat fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland einen ärztlich diagnostizierten Bluthochdruck. „Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz, das gilt für Männer und Frauen“, berichtete Gitt. In der Gruppe der ab 65-Jährigen haben bei beiden Geschlechtern fast zwei Drittel einen Bluthochdruck. 

Daten aus dem Jahr 2020 zeigen (doi: 10.1016/j.jacc.2020.11.010), dass im Ranking der kardiovaskulären Risikofaktoren die arterielle Hypertonie in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts ganz oben stand und dass das auch im Jahr 2019 weiterhin so ist.

Die neuen Leitlinien (doi: 10.1161/CIR.000000000000135) der US-amerikanischen kardiologischen Gesellschaften zeigen deutlich: Je höher der Blutdruck, desto höher das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Und kommen andere Risikofaktoren wie hohes LDL-C, geringes HDL-C, eGFR, Raucherstatus oder Diabetes hinzu, „dann ist das eine sich potenzierende Mischung an Risikofaktoren“, betonte Gitt.

Wie erfolgreich ist die Behandlung von Hochdruckpatienten?

Eine Metaanalyse (doi: 10.1016/S0140-6736(21)00590-0) aus dem Jahr 2017 zeigt: Wird der Blutdruck um 5 mmHg gesenkt, gelingt eine Risikoreduktion von gut 10% sowohl bei Patienten, die schon eine kardiovaskuläre Erkrankung haben als auch bei Patienten mit Bluthochdruck, die noch keine manifeste kardiovaskuläre Erkrankung aufweisen. „Wir haben klare Evidenz dafür, dass wir damit etwas Gutes tun“, betonte Gitt. 

Allerdings wird eine effektive Senkung viel zu selten erreicht, wie die Ergebnisse der INTERASPIRE-Studie (doi: 10.1093/eurheartj/ehae558) zeigen: 61% der Patienten mit Hypertonus erreichten nicht ihren Zielwert.  Die US-Leitlinien zeigen auch, dass von den erkannten Bluthochdruck-Patienten nur zwischen 50% und 60% behandelt werden. Von diesen erreichen nur 60% einen Blutdruck <140/90 und nur 20% einen Blutdruck <130/80 mmHg.

Bei der Definition des Bluthochdrucks unterscheiden sich die europäischen Leitlinien von den US-Leitlinien im Wesentlichen durch die Nomenklatur. Während die Europäer drei Gruppen unterscheiden: Nicht erhöhter Blutdruck (120/70 mmHg), erhöhter Blutdruck (120-139/70-89 mmHg) und Bluthochdruck (≥140, ≥90 mmHg), bezeichnen die US-Amerikaner den Bereich zwischen 120 und 129 mmHG als „erhöht“, der Bereich 130 bis 139 mmHg wird als Bluthochdruck Stage 1 definiert und der Bereich ≥ 140 als Bluthochdruck Stage 2. Beide Leitlinien empfehlen den zuhause gemessenen Blutdruck zu wählen. Die dort gemessenen Werte sind in der Regel ein bisschen niedriger als die beim Arzt gemessenen.

Risikostratifikation für den Bereich 120-139/70-89 mmHg vornehmen

Die europäische Leitlinie empfiehlt eine Risikostratifikation mithilfe spezifischer Scores für Menschen mit erhöhtem Blutdruck. „Weist ein Patient mit erhöhtem Blutdruck keine Risikofaktoren auf, kann der Blutdruck jährlich kontrolliert werden. Weist er hingegen Risikofaktoren auf, muss man behandeln“, erklärte Gitt. Verschiedene Faktoren beeinflussen den Blutdruck. Während sich genetische Faktoren nicht beeinflussen lassen, umweltbedingte Faktoren (Luftverschmutzung, Lärmverschmutzung, Klima) und sozioökonomische sowie psychosoziale Faktoren (Stress, soziale Deprivation, Zugang zu Gesundheitsversorgung etc.) nur bedingt beeinflussen lassen, sieht das bei den verhaltensbezogenen Faktoren anders aus. Mit Lebensstiländerungen lässt sich einiges erreichen:

Wie Gitt berichtet, empfehlen die europäischen Leitlinien auch eine Kalium-Aufnahme von 0,5-1g pro Tag. Denn Studien deuten darauf hin, dass ein höherer Kaliumspiegel den Blutdruck positiv beeinflussen kann.

Bei Bluthochdruck mit Kombinationstherapie zweier niedrig dosierter Substanzen starten

Medikamentös wird ein Bluthochdruck wie folgt behandelt:

Alter ist kein Ausschlusskriterium für eine gute Hypertonie-Einstellung

In der europäischen Leitlinie wurden zwei spezifische Patientengruppen besonders adressiert: alte und gebrechliche Patienten sowie Patienten mit therapieresistenter Hypertonie. „Auch ältere Patienten sollten auf Zielwerte eingestellt werden“, erinnerte Gitt. 

Wird allerdings ein gebrechlicher Patient bei konsequenter Einstellung mit zu niedrigen Werten symptomatisch und entwickelt Schwindel, „sollte man liberaler sein und einen Wert anstreben, der nicht ganz so stringent ist. Aber prinzipiell ist das Alter kein Ausschlusskriterium für eine gute Einstellung der arteriellen Hypertonie“, betonte Gitt.  

Für die resistente arterielle Hypertonie gilt: Sind alle Medikamente ausgeschöpft und aufdosiert, kommt als letztes Mittel Spironolacton. „Reicht all das nicht aus, und man hat sich versichert, dass kein Adhärenz-Problem vorliegt, muss man über die Gabe von Alpha-Blockern nachdenken oder zentral wirksame Medikamente einsetzen, die ein entsprechendes Nebenwirkungsprofil aufweisen“, so Gitt. 

Als zusätzliche Option kommt die renale Denervation ins Spiel, die aufgrund der neuen Studienlage mit einer IIb-Empfehlung aufgewertet wurde. Für eine therapierefraktäre Hypertonie ist oft eine übermäßige Aldosteronproduktion verantwortlich, eine vielversprechende Therapieoption könnten hier die  Aldosteron-Synthase-Hemmer Baxtostat und Lorundrostat sein. Hier müsse man die Studienergebnisse abwarten, schloss Gitt.

Referenzen
  1. DGK Herztage 2025. 25.-27. Oktober 2025 Congress Center Hamburg (CCH). Kardiologie aktuell: Arterielle Hypertonie – wo sind die Grenzen der Therapie?