Lithium in Mikrodosierung kann einer Demenz vorbeugen
Eine hochrangige Publikation bestätigte kürzlich erneut, was sich in Studien seit Jahren abzeichnet: Eine regelmäßige, sehr niedrig dosierte Zufuhr von Lithium kann die Hirngesundheit erhalten und vor neurodegenerativen Prozessen schützen.
Lithium: Ein physiologischer Regulator der Hirnalterung
- Lithium kommt als Mikronährstoff natürlich in Lebensmitteln und Wasser vor, aber Umwelt- und Lebensstilfaktoren können einen Mangel bedingen
- Zunehmende Evidenz spricht für eine zentrale Rolle eines Lithiummangels in der Pathogenese verschiedener chronischer Erkrankungen, insbesondere von
- Lithium erhöht die Spiegel des neurotrophen Faktors BDNF und fördert die Nervenzellneubildung, bspw. im Hippocampus
- Lithium im Gehirn schützt vor kognitivem Abbau, wie frühere und rezente Studien berichten
Lithium wirkt neuroprotektiv und entzündungshemmend
Aus Studien ist bereits länger bekannt, dass Lithium die BDNF-Spiegel (brain-derived neurotrophic factor) erhöht, wodurch das neuronale Wachstum, die Plastizität und die Stressresilienz angeregt werden.1 Des Weiteren senkt es die Aktivität der Glykogensynthase-Kinase 3 (GSK-3β) – ein Enzym, welches bei Überaktivität die Bildung von neurofibrillären Tangles durch Phosphorylierung des Tau-Proteins vorantreibt. Zudem trägt GSK-3β zu einer erhöhten Bildung von Amyloid-Beta-Plaques (Aβ) und Neuroinflammation bei und wird somit als zentral für die Alzheimer-Pathogenese angesehen.
In Studien sind außerdem mehrere Mechanismen beschrieben, über die Lithium Entzündungskaskaden blockiert. Es supprimiert proentzündliche Botenstoffe (unter anderem TNF-α und IL-6), steigert antientzündliche Zytokine und senkt die Expression inflammatorischer Gene. In der Summe wirkt es den stummen, chronischen Entzündungsprozessen („inflammaging“) entgegen, die heute als Risikofaktor für viele chronische Erkrankungen verstanden werden.1
Trägt Lithiummangel zur Entwicklung der Alzheimer-Krankheit bei?
Lithium in Mikrodosierung kommt natürlich vor, etwa in Lebensmitteln und in bestimmten Heil- und Trinkwässern. Mehrere größere Untersuchungen berichteten in der Vergangenheit bereits über einen Zusammenhang zwischen einem besseren Lithiumgehalt des Trinkwassers und geringeren Demenz- und Mortalitätsraten in der Population der entsprechenden Gebiete.1–3
Für die Supplementierung wird Lithiumorotat empfohlen – eine organisch gebundene Form, die gut bioverfügbar ist.
Lithium könnte nach jetzigem Wissensstand das einzige Molekül sein, das den Krankheitsprozess bei Alzheimer im Frühstadium vollständig stabilisieren kann.4 Eine aktuell viel beachtete Publikation in 'Nature' kommt zu dem Schluss, dass Lithium für den Erhalt der kognitiven Funktion im Alter wesentlich ist.5–7 „Von den von uns analysierten Metallen war Lithium das einzige, dessen Gehalt im Gehirn von Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) [...] signifikant reduziert war“, schreiben die Autoren der Harvard-Universität.
Im Mausexperiment konnten sie unter anderem das oben Gesagte zum GSK-3-Weg bestätigen. Ein Entzug von 50 % des Lithiums über eine entsprechende Ernährung erhöhte die Ablagerung von Amyloid-β und Phospho-Tau und resultierte in einer proinflammatorischen Mikrogliaaktivierung, dem Verlust von Synapsen, Axonen und Myelin sowie einem beschleunigten kognitiven Abbau.
Lithiumorotat könnte Alzheimer aufhalten oder umkehren
Lithium kann die Autophagie wieder in Gang bringen, die bei M. Alzheimer gehemmt ist, was sich in der Anhäufung von Zellabfall (wie Amyloidplaques und Tau-Tangles) äußert.
Nachdem das Harvard-Team den Versuchstieren wieder Lithium (in Form von niedrig dosiertem Lithiumorotat) zuführte, funktionierte die Amyloid-Clearance durch Mikroglia-Zellen wieder und die Ablagerungen von Amyloid und Tau bildeten sich zurück.8 Die Mäuse gewannen ihre Gedächtnisfunktion zurück. All dies geschah weit unter den zur Behandlung von bipolaren Störungen eingesetzten Dosierungen.
Gründe für einen Lithiummangel beim Menschen sind vor allem der Rückgang des Lithiumgehalts in Boden und Trinkwasser aufgrund moderner landwirtschaftlicher Praktiken sowie die veränderten Ernährungsgewohnheiten (Zunahme verarbeiteter Lebensmittel und Mangel an vollwertigen, mineralstoffreichen Erzeugnissen führen zu Defiziten verschiedener wichtiger Spurenelemente). Chronischer und Krankheiten können die Lithiumspeicher zusätzlich erschöpfen, da die Regulation von Stressreaktionen mit einem erhöhten Verbrauch einhergeht.9
Ausblick: Mangelnde Verfügbarkeit und nächste Schritte
Nicht nur das Team der Harvard-Publikation plant weitere Studien. Auch Dr. Paul Vöhringer rekrutiert gerade ältere Erwachsene mit erhöhtem MCI-Risiko für eine Studie zur präventiven Wirksamkeit von Lithiumorotat. Aber es sei schwierig, finanzielle Unterstützung hierfür zu finden, erklärt Vöhringer gegenüber der 'National Geographic'.10 „Mit Lithium kann man kein Geld verdienen, es ist wie ein Naturprodukt. Es ist, als würde man Geld mit Sauerstoff oder verdienen wollen – es ist kein Medikament.“ Das mache es zwar billig, aber auch wenig lukrativ, sodass große Pharmaunternehmen wenig Motivation haben, es zu testen.
Aktuell darf Lithium in der EU im Gegensatz zu anderen Mikronährstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln nicht enthalten sein und nur auf Rezept als verschreibungspflichtiges Arzneimittel über Apotheken bezogen werden.
Der Molekulargenetiker Dr. Michael Nehls hat sich jahrzehntelang intensiv mit M. Alzheimer beschäftigt. In seinem letzten Buch legte er unter Bezugnahme auf etwa 1.000 peer-reviewte Publikationen dar, warum Lithium in Mikrodosierung essenziell für unsere mentale und körperliche Gesundheit ist.
Am 18. Juni 2025 hielt er einen Vortrag im EU-Parlament in Straßburg, bei dem es um die Anerkennung von Lithium als lebenswichtigem Spurenelement und dessen Freigabe für Nahrungsergänzungsmittel ging.11
- Lithium – ein essenzieller Mikronährstoff - AFGM. https://afgm.at/lithium-ein-essenzieller-mikronaehrstoff/ (2025).
- Kessing, L. V. et al. Association of Lithium in Drinking Water With the Incidence of Dementia. JAMA Psychiatry 74, 1005–1010 (2017).
- Zarse, K. et al. Low-dose lithium uptake promotes longevity in humans and metazoans. Eur J Nutr 50, 387–389 (2011).
- Die Lithium-(R)Evolution – Plädoyer für ein lebenswichtiges Spurenelement | Michael Nehls | QS24. https://hazu.swiss/qs24/der-gesundheitskompass/ausgabe-nr-1---mai-2025---auflage-120000/5U6YMW6FuGKznSBd5J1r?showComment=dW0F1wl7XeZaenkAVlRZ.
- Aron, L. et al. Lithium deficiency and the onset of Alzheimer’s disease. Nature 645, 712–721 (2025).
- Bush, A. I. Does lithium deficiency contribute to Alzheimer’s disease? Nature 645, 593–594 (2025).
- Peeples, L. New hope for Alzheimer’s: lithium supplement reverses memory loss in mice. Nature https://doi.org/10.1038/d41586-025-02471-4 (2025) doi:10.1038/d41586-025-02471-4.
- Zelenka, L. Lithium limiting AD pathology. Nat Neurosci 28, 1813–1813 (2025).
- MD, J. G. Lithium Deficiency: Symptoms, Causes, & Treatments. Psychiatry Redefined https://www.psychiatryredefined.org/lithium-deficiency-symptoms-causes-treatments/ (2025).
- Lithium plays a mysterious role in the brain. Could it be used to prevent Alzheimer’s? Health https://www.nationalgeographic.com/health/article/lithium-brain-alzheimers-memory (2025).
- Rabenstein, C. „Faktencheck in 90 Sekunden“ widerlegt 464 Seiten wissenschaftlicher Quellenarbeit zur Essentialität von Lithium? » Michael Nehls. Michael Nehls https://michael-nehls.de/faktencheck-lithium/ (2025).