Jedes dritte Kind zwischen 10 und 12 Jahren ist seit Krisenbeginn dicker geworden

Gewichtszunahme, weniger Bewegung, mehr Süßwaren – "eine Gewichtszunahme in dem Ausmaß wie seit Beginn der Pandemie haben wir zuvor noch nie gesehen“, sagt eine Sprecherin der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG).

Krise hat gesundheitliche Ungleichheiten weiter verstärkt

Eine repräsentative Forsa-Umfrage von März und April 2022 mit insgesamt 1.004 Eltern von Kindern im Alter von 3 bis 17 Jahren zeigt die massiven Auswirkungen der Krise auf die Gesundheit von Kindern.Jedes sechste (16%) der Kinder und Jugendlichen hat zugenommen, 44% von ihnen bewegten sich weniger als vor der Pandemie, die absolute Mehrheit (70%) hat die Mediennutzung gesteigert und 27% der Heranwachsenden aßen mehr Süßwaren als zuvor. Am stärksten betroffen war die Altersgruppe der 10- bis 12-Jährigen, hier waren es sogar 32%, die dicker geworden sind und 57%, weil sie körperlich weniger aktiv waren. Bei 33% der Kinder und Jugendlichen hat die körperlich-sportliche Fitness insgesamt abgenommen, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sogar um 48%.

Die ohnehin ungleich verteilten Risiken scheinen sich weiter verschärft zu haben: Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien waren im Vergleich zu solchen aus einkommensstarken Familien doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen (23 versus 12%). Bei fast jedem zweiten Kind (43%) belastete die Krise die seelische Stabilität "mittelmäßig" oder sogar "stark".

Dies steht im Einklang mit regionalen Erhebungen, aus denen ebenfalls hervorgeht, dass heute mehr Kinder und Jugendliche übergewichtig sind als je zuvor. Eine Studie der Universität Leipzig berichtet, dass das Körpergewicht von Kindern in Mitteldeutschland in den ersten Monaten der Corona-Pandemie deutlich gestiegen ist. Im zweiten Lockdown 2020 nahm laut Daten des Karlsruher Instituts für Technologie ein Viertel der Kinder mit Normalgewicht zu. Die DAK-Gesundheit registrierte in 2020 außerdem einen Anstieg der Krankenhausbehandlungen wegen Adipositas bei Kindern und Jugendlichen.1

Corona-Kilos könnten zum Bumerang für die Gesundheit einer ganzen Generation werden

...meint Prof. Hans Hauner, Direktor des EKFZ für Ernährungsmedizin und DAG-Vorstandsmitglied.1 "Eine Gewichtszunahme in dem Ausmaß wie seit Beginn der Pandemie haben wir zuvor noch nie gesehen. Das ist alarmierend, denn Übergewicht kann schon bei Kindern und Jugendlichen zu Bluthochdruck, einer Fettleber oder Diabetes führen. Schon vor Corona waren 15% der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht betroffen, 6% sogar von starkem Übergewicht", sagt Dr. Susann Weihrauch-Blüher, Oberärztin an der Universitätskinderklinik Halle/Saale und Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG.1

Geforderte Sofortmaßnahmen, um dies aufzufangen, sind eine Zuckersteuer, eine Stärkung der chronisch unterfinanzierten Adipositas-Therapie sowie Werbeverbote für ungesunde Nahrungsmittel. Ein Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Produkte war auch anlässlich des Diabetes-Kongresses der DDG im Mai 2022 erneut gefordert worden. Aus dort angeführten Daten ging hervor, dass mediennutzende Kinder zwischen 3 und 13 Jahren im Schnitt 15 Werbungen für ungesunde Produkte pro Tag (!) sehen und dass 92% der an Kinder gerichteten Werbung für Ungesundes wirbt. Als ein weiterer Vorschlag, hier gegenzusteuern, wurde erneut die komplette Streichung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse ins Feld geführt, denn insbesondere gesunde Nahrungsmittel haben in den vergangenen Monaten eine merkliche Teuerung erfahren.

Dazu ein Terminhinweis: Kongress der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) vom 6. bis 8. Oktober 2022 in München. Anmeldung und Infos: https://dag-kongress.de/


Quelle: forsa-Umfrage zeigt Folgen der Corona-Krise für Kinder: Gewichtszunahme, weniger Bewegung, mehr Süßwaren – Jedes sechste Kind ist dicker geworden – Adipositas Gesellschaft. Letzter Zugriff: 17.08.22