- Wenzel M, Burdenski K, Tselis N, et al. Radical prostatectomy versus radiotherapy for prostate cancer. Deutsches Ärzteblatt International. Veröffentlicht online am 05.09.2025. doi:10.3238/arztebl.m2025.0089
Für die Studie wurde die Datenbank des Universitären Tumorzentrums Frankfurt ausgewertet, um Unterschiede im metastasenfreien (MFS), krebsspezifischen (CSS) und Gesamtüberleben (OS) zwischen RP- und RT-Patienten zu ermitteln. Eingeschlossen wurden 2.685 Patienten, die in den Jahren 2014 bis 2024 entweder eine RP (74 %) oder eine kurative RT (26 %) erhielten. Zusätzlich wurden Subgruppenanalysen nach (D’Amico-Risikogruppen), Alterskategorien und ECOG-Performance-Status (als Frailty-Parameter) durchgeführt.
Die operierten Patienten waren im Median 66 Jahre alt, während das Durchschnittsalter im bestrahlten Kollektiv bei 74 Jahren lag. Die histopathologische Tumorgrading-Verteilung (Gleason-Score) unterschied sich nicht wesentlich zwischen beiden Gruppen.
RP-Patienten hatten deutlich häufiger ungünstige Tumorcharakteristika: Bei 60 % lag ein Hochrisiko-Karzinom vor (vs. 43 % unter RT), 47 % wiesen ein lokales T3-Tumorstadium auf (vs. 9,6 % unter RT) und 11 % zum Diagnosezeitpunkt positive Lymphknoten (vs. 5,2 % unter RT).
Demgegenüber waren Patienten der RT-Gruppe häufiger durch Begleiterkrankungen eingeschränkt (ECOG-Status 1–2 bei 16 % vs. 6,7 % der RP-Patienten).
In der univariaten Analyse zeigten sich zunächst deutliche Outcome-Differenzen zwischen den Behandlungsgruppen. Die metastasenfreie 5-Jahres-Überlebensrate war in der RT-Gruppe signifikant höher als in der RP-Gruppe (96,2 % vs. 88,2 %). Demgegenüber war das Gesamtüberleben unter den operierten Patienten anfänglich besser (5-Jahres-OS 88,2 % vs. 83,8 % unter RT). Das krebsspezifische 5-Jahres-Überleben (CSS) betrug in beiden Kohorten etwa 99 %.
Nach multivariater Adjustierung für Alter sowie Tumor- und Patientenmerkmale verschwanden diese Unterschiede vollständig. Es ließen sich fortan keine statistisch signifikanten Differenzen in MFS, CSS oder OS zwischen radikaler Prostatektomie und Strahlentherapie mehr nachweisen. Auch in den analysierten Subgruppen (aufgeteilt nach Risikoklasse, Altersgruppe, ECOG-Status) fanden sich zunächst vereinzelt Überlebensvorteile zugunsten einer Therapie. So war beispielsweise in der Hochrisiko- und der Altersgruppe 60–75 Jahre die Metastasenfreiheit unter RT höher, während Hochrisiko-Patienten ein besseres Gesamtüberleben nach RP aufwiesen. Nach multivariater Korrektur entfielen jedoch sämtliche dieser Unterschiede auch in den Subgruppen. Eine zusätzliche 2:1-Propensity-Score-Matching-Analyse bestätigte ebenfalls die Gleichwertigkeit beider Behandlungsmethoden (kein Unterschied in MFS, CSS oder OS).
Die in der unbereinigten Analyse sichtbaren Unterschiede – höhere Metastasenfreiheit unter RT bzw. besseres Gesamtüberleben nach RP – beruhen nach Einschätzung der Autoren vor allem auf Selektionseffekten. RP-Patienten hatten häufiger ungünstige Ausgangsbefunde (z. B. cT3, cN1) und waren im Mittel jünger, mit längerer Lebenszeit und damit größerem Zeitfenster für . In der RT-Gruppe erklären höheres Alter, schlechterer ECOG-Status und Komorbiditäten das teils schwächere Gesamtüberleben durch mehr nicht tumorbedingte Todesfälle. Dafür sprechen die nahezu identischen krebsspezifischen Überlebensraten und das Ausbleiben von Unterschieden nach multivariater Anpassung; zudem werden Patienten mit ungünstigen Merkmalen in der Praxis häufiger operiert. Insgesamt erscheinen beide kurativen Optionen onkologisch gleichwertig.
Die Auswertung eines Jahrzehnts klinischer Versorgungsdaten zeigt, dass weder Operation noch des Prostatakarzinoms einen onkologischen Überlebensvorteil bietet, sobald Unterschiede in Tumor- und Patientenmerkmalen herausgerechnet werden. Beide Therapieverfahren erzielten insgesamt sehr hohe 5-Jahres-Überlebensraten (CSS ~99 %, OS ~85–88 %) in diesem Kollektiv.