Die Behandlung des Hirsutismus bei Transfrauen

Eine Geschlechtsdiskongruenz stellt für die betroffenen Personen meist eine hohe psychische Belastung dar. Die gegengeschlechtliche Hormontherapie führt eine ganz besondere dermatologische Symptomatik mit sich. Bei Transfrauen kann es zu einem Hirsutismus kommen.

Der Östrogeneffekt bei Transfrauen

Eine Geschlechtsdiskongruenz stellt für die betroffenen Personen meist eine hohe psychische Belastung dar. Doch auch die Anpassung des äußeren Geschlechts an die erlebte Geschlechtsidentität verlangt den betroffenen Personen einiges ab. Die betroffenen Personen sollten im Idealfall auf ihrem Weg von mindestens 6 Fachdisziplinen begleitet werden: Endokrinologie, Dermatologie, Psychologie, Chirurgie, Oto-Rhino-Laryngologie und Logopädie. Aktuell besteht noch eine Unterdiagnostizierung und Unterbehandlung dermatologischer Erkrankungen von Transfrauen und Transmännern. Die gegengeschlechtliche Hormontherapie führt eine ganz besondere dermatologische Symptomatik mit sich. Bei Transmännern kann sie begleitet werden von Akne, Hirsutismus und Haarverlust. Bei Transfrauen kann es zu einer Pseudofolliculitis barbae, einem Hirsutismus und Melasmen kommen.

Die gegengeschlechtliche Hormontherapie für Transfrauen kann Östrogene, Antiandrogene wie Spironolacton (USA) oder Cyproteron (Europa) und GnRH-Agonisten (UK) enthalten.1 Östrogene führen im Bereich der Haut zu einer Reduktion der Talgproduktion. Gleichzeitig gehen sie mit einer Zunahme der Epidermisdicke und Stimulierung der Melanozyten einher. Auch der Körpergeruch wird durch die Östrogene beeinflusst. Bereits nach 1 Monat sind Veränderung der gegengeschlechtlichen Hormontherapie im Hautbereich erkennbar.2,3

Die effektive Behandlung des Hirsutismus bei Transfrauen

Hinsichtlich der Körperbehaarung von Transfrauen gibt es noch einige Besonderheiten, deren Behandlung essentiell für die Körperwahrnehmung der betroffenen Personen sind. Die gegengeschlechtliche Therapie mit Östrogenen und Antiandrogenen führt nicht dazu, dass sich das männliche Behaarungsbild direkt in ein weibliches umwandelt. Die Gesichts- und Körperbehaarung nach männlichem Verteilungsmuster kann durch Rasur, Epilation, Waxing oder durch die topische Anwendung von Eflornithin behandelt werden. Eflornithin ist ein Ornithin-Decarboxylase-Hemmer, der zu einer Reduktion des Haarwachstums führt und daher zur Behandlung von Hirsutismus eingesetzt wird. Die Wirkung beruht auf einer irreversiblen Hemmung des Enzyms Ornithin-Decarboxylase. Hierdurch wird die Teilung und Differenzierung der Zellen innerhalb der Haarfollikel reduziert. Das Therapieergebnis setzt frühestens 8 Wochen nach Therapiebeginn ein. Eine wichtige Nebenwirkung von Eflornithin - die das äußere Erscheinungsbild betrifft - ist die Akne. Körpermedizinische Eingriffe sollten erst erfolgen, sobald der Hirsutismus reduziert ist. Ist dies nicht der Fall, so kann es postoperativ intravaginal und intraurethral zu Irritationen durch auf operativ invertierten Hautlappen befindlichen Haarfollikel kommen. Eine präoperative permanente Haarentfernung kann durch eine Elektrolyse oder Laserbehandlung (LHR) der Haarfollikel erreicht werden.4-7

Die belastende Pseudofolliculitis barbae

Die Pseudofolliculitis barbae kann durch häufige Rasur entstehen. Sie kann mit einer enormen psychischen Belastung der betroffenen Transfrauen einhergehen. Nach Ausheilung der betroffenen Hautregion kann es zur Hyperpigmentierung und Keloidbildung kommen. Die Anwendung topischer Retinoide und niedrig potenter topischer Kortikosteroide kann hier Abhilfe verschaffen.8-10

Ein essentieller dermatologischer Schritt vor der Neovaginoplastik

Carter et al. haben im Jahr 2020 ein Protokoll zur sicheren und effektiven präoperativen permanenten Haarentfernung bei Transfrauen veröffentlicht. Die transfeminine dermatologische Betreuung steht hier im Mittelpunkt. Die permanente Haarentfernung kann durch eine Elektrolyse oder eine LHR erfolgen. Doch nicht alle Personen eignen sich für eine LHR. Die LHR visiert das Melanin an und ist daher ungeeignet für Personen mit blonden oder grauen Haaren. Für diese Gruppe kommt nur die Elektrolyse in Frage. Bei dieser Methode werden die Haare durch elektrolytischen Strom entfernt. Hierfür wird eine sterile Sonde entlang des Haarkanals in die jeweilige Haarwurzel eingeführt. Die permanente Haarentfernung sollte durch medizinisches Fachpersonal erfolgen. Vor jeder Behandlung - sei es mit LHR oder Elektrolyse - ist es wichtig in der Anamnese zu erheben, ob eine Herpes simplex Infektion vorliegt. Vor der geplanten Neovaginoplastik sollte auf jeden Fall eine permanente Haarentfernung im Bereich des Skrotums, des Perineums und der Peniswurzel erfolgen, um spätere intravaginale und intraurethrale Irritationen zu vermeiden. Nach der SHR kann ein mildes Erythem auftreten. Dieses kann mit Ice-packs (Dauer 5 min) und einer Triamcinolonacetonid Salbe 0,025% behandelt werden. Für das gewünschte Therapieergebnis in diesem Bereich sollte die LHR alle 4-6 Wochen für einen Zeitraum von 6-9 Monaten durchgeführt werden. Eine Neovaginoplastik kann frühestens 3 Wochen bis 3 Monate nach diesem Therapieintervall eingeplant werden.11,12

Referenzen:
1. Guidelines for the Primary and Gender-Affirming Care of Transgender and Gender Nonbinary People: Guidelines for the Primary and Gender-Affirming Care of Transgender and Gender Nonbinary People.
2. Hembree W. C. et al. (2017). Endocrine Treatment of Gender-Dysphoric/Gender-Incongruent Persons: An Endocrine Society Clinical Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab2017;102(11):3869–3903.
3. Stevenson S. et al. (2007). Effect of estrogens on skin aging and the potential role of SERMs. Clinical interventions in aging. 2007;2(3):283. 
4. Ginsberg BA. (2017). Dermatologic care of the transgender patient. Int J Womens Dermatol 2017;3(1):65–67.
5. Hembree W. C. et al. (2009).  Endocrine treatment of transsexual persons: an Endocrine Society clinical practice guideline. J Clin Endocrinol Metab 2009;94(9):3132–3154.
6. van de Grift T. C. et al. (2016). Body Satisfaction and Physical Appearance in Gender Dysphoria. Arch Sex Behav 2016;45(3):575–585. 
7. WPATH Recommended Benefits Policy Document: Created in Partnership with Starbucks. World Professional Association for Transgender Health;2018.
8. Bridgeman-Shah S. (2004). The medical and surgical therapy of pseudofolliculitis barbae. Dermatologic Therapy. 2004;17(2):158–163.
9. Perry P. K. et al. (2002). Defining pseudofolliculitis barbae in 2001: A review of the literature and current trends. Journal of the American Academy of Dermatology. 2002;46(2):S113–S119.
10. Yeung H, Kahn B, Ly BC, Tangpricha V. Dermatologic Conditions in Transgender Populations. Endocrinol Metab Clin North Am. 2019;48(2):429-440.
11. Downing J. M. et al. (2021). Hair Removal for Patients Undergoing Feminizing Surgeries in Oregon’s Medicaid Program. JAMA Dermatol. 2021;157(3):346–348.
12. Carter E. E. et al. (2020). Presurgical Laser Hair Removal: Protocoling a Safe and Effective Procedure for Transgender Patients. Transgender Health Volume 00, Number 00, 2020 a Mary Ann Liebert, Inc.