Sexualität ist kein Luxus, Sexualität ist ein Lebensrecht

Freiheit, Lust, Verantwortung: Mit ihrem 66. Kongress macht die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit deutlich, dass es beim Thema Sexualität um viel mehr geht, als nur um sexuell übertragbare Infektionen (STI) und den Schutz vor ihnen.

Auch STI-Kongress 2022 vom Coronavirus geprägt

Beim STI-Kongress 2022 werden auch die Newcomer im Bereich sexuell übertragbarer oder im sexuellen Kontext übertragbarer Infektionen thematisiert, allen voran SARS-CoV-2 und dessen Auswirkungen auf die sexuelle Gesundheit und Psyche der Menschen. Hinzu kommt das sich derzeit in Europa und weltweit ausbreitende Affenpockenvirus, welches ganz aktuell in Berlin einen Hotspot bildet.  

Sexualität greift in viele Lebensbereiche ein

"Historisch betrachtet, blickt die DSTIG mit diesem 66. STI-Kongress auf eine lange Tradition und Schaffenszeit zurück. Und auch heute bleibt sexuelle Gesundheit ein gesamtgesellschaftliches Problem. Da genügt es nicht, nur Krankheiten zu behandeln, sondern Sexualität greift in viele Lebensbereiche ein und sie stellt ein fundamentales Grundrecht dar", umreißt Prof. Dr. med. Norbert H. Brockmeyer, der Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft, die Errungenschaften der DSTIG in den vergangenen Jahrzehnten ihres Bestehens.

"Wir haben die Freiheit, Sex zu haben. Und doch ist dies noch immer nicht überall in der Welt selbstverständliches Lebensrecht", ergänzt Dr. Sven Schellberg, einer der beiden Kongress-Präsident:Innen in diesem Jahr. "Sexualität ist Freiheit, Lust und Verantwortung", so Schellberg weiter und benennt auf diese Weise auch gleich das Motto des STI-Kongresses 2022.

Nicht über die Menschen sprechen, sondern mit ihnen

Zusammenstehen, zusammenwirken und gemeinsam Zukunft im Bereich der sexuellen Gesundheit zu gestalten, das sehen alle Beteiligten als große gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgabe. Wie gut eine solche Zusammenarbeit für die gemeinsame Sache funktionieren kann, das beweist die DSTIG mit ihrer bunten Vielfalt und Fachleuten unterschiedlichster Professionen in ihren Reihen seit nunmehr 120 Jahren.

"Wir wollen nicht über die Menschen sprechen, sondern mit ihnen. Sie dürfen uns alles fragen, denn Intimes und Sex ist unser Job. Das ist nur Ihnen peinlich", beschreibt Johanna Weber, Sexarbeitende und DSTIG-Mitglied das Verständnis der Fachgesellschaft, offen, vielfältig und ohne Scheu über Themen rund um die sexuelle Gesundheit zu informieren.

Forderungen an Politik und Gesellschaft

Natürlich verbinden sich mit einem solchen Dialog auch wissenschaftlich belegbare Forderungen an politische und berufspolitische Entscheidungsträger:

  1. Wer Sexualität und sexuelle Gesundheit als Lebensrecht begreift, der wird sie nicht immer wieder versuchen, in den Hintergrund zu drängen.
  2. Sexuelle Gesundheit sollte ebenso medizinisch stärker in den Fokus genommen werden. Dazu gehört u. a., die Versorgung mit Test-Angeboten und Beratungsstellen in der Fläche auszubauen.
  3. Der ÖGD ist mit ausreichenden Mitteln auszustatten, um seinen Aufgaben in der Gesundheitsversorgung und Beratung auch umfangreich nachkommen zu können.
  4. Kein Verbot von Sexarbeit oder der Nutzung sexueller Dienste durch Freier, da dies Präventionsansätze verschließt und die Illegalität fördert. Die gesundheitliche Versorgung würde dadurch noch weiter erschwert. 

"Sexualität ist etwas Positives. Menschen übernehmen Verantwortung für sich und ihre Partner, sie haben Spaß an der Lust und leben ihre Sexualität freiheitlich aus. Für diesen Ansatz steht der diesjährige STI-Kongress ebenso wie die jahrzehntelange Arbeit der DSTIG", fasst Kongresspräsidentin Dr. Viviane Bremer zusammen.