Wie das Smartphone zum Psychotherapeuten wird

Drei junge Berlinerinnen haben mit ihrem Unternehmen Selfapy Online-Kurse für Menschen mit Depressionen, Burnout, Angst- oder Essstörungen entwickelt. Die Therapien bei leichten bis mittelschweren Formen einer solchen Erkrankung funktionieren einfach übers Smartphone. Den Kurs Depression gibt es jetzt sogar auf Rezept.

Berliner Start-up entwickelt Online-Kurse für psychische Erkrankungen

Drei junge Berlinerinnen haben mit ihrem Unternehmen Selfapy Online-Kurse für Menschen mit Depressionen, Burnout, Angst- oder Essstörungen entwickelt. Die Therapien bei leichten bis mittelschweren Formen einer solchen Erkrankung funktionieren einfach über das Smartphone oder das Tablet. Den Kurs Depression gibt es jetzt sogar auf Rezept.

Rund 5,3 Millionen Menschen zwischen 18 und 79 Jahren in Deutschland haben laut der Deutschen Depressionshilfe Depressionen, Frauen sind viermal häufiger betroffen – doch die Zahl dürfte deutlich höher liegen, denn nicht jeder mit den Anzeichen der Krankheit gesteht sich sein Problem ein, zudem sind die Wartelisten bei PsychotherapeutInnen lang. Das Berliner Unternehmen Selfapy will mit seiner gleichnamigen App eine Versorgungslücke schließen und Hilfe zeitnah und an jedem Ort anbieten. Menschen mit Depressionen, Burnout, Angst- oder Essstörungen können an Online-Kursen in Form einer Verhaltenstherapie teilnehmen.

Selfapy wurde 2016 von den Psychologinnen Nora Blum und Katrin Bermbach sowie Marketing-Expertin Farina Schurzfeld gegründet. Seitdem haben die drei Berlinerinnen Kurse für Menschen mit psychischen Prolemen entwickelt. Sie setzen darauf, dass die Möglichkeit, während einer Sitzung in der gewohnten Umgebung zu bleiben, die Hemmschwelle senkt, sich auf diese Weise Hilfe zu suchen. Rund 40.000 NutzerInnen zeigen, dass solch ein digitales Projekt gut ankommt.

Hilfe bei Depressionen auf Rezept

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Ein Online-Kurs bei Selfapy besteht aus etwa 15 Lektionen mit interaktiven Übungen, Texten und Videos, die täglich rund 20 Minuten absolviert werden sollten, um effektiv zu sein. Selfapy stellt PatientInnen für drei Monate eine Psychologin oder einen Psychologen zur Seite. Sie überwachen im Hintergrund, dass sich die Symptomatik nicht verschlechtert und leiten durch das Programm. Jeweils nach zwei Wochen wird ermittelt, ob die NutzerInnen einen Fortschritt gemacht haben oder ob sie intensivere Betreuung benötigen.

Seit 2020 kann der Online-Kurs zu Depressionen vom Hausarzt als DIGA über das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) verschrieben werden, die deutschen Krankenkassen übernehmen die Kosten. Mit Hilfe verschiedener Investoren konnte Selfapy Wirksamkeits-Studien finanzieren, die der App bei Depressionen einen positiven Versorgungseffekt bescheinigen. Das ist eine Grundvoraussetzung, damit die Kosten für eine digitale Anwendung von der Krankenkasse übernommen werden. Für die anderen Anwendungsgebiete Angst und Panik, Essstörungen, Depressive Verstimmung, Stress und Achtsamkeit und chronische Schmerzen hat Selfapy Selektivverträge mit verschiedenen Partnerfirmen abgeschlossen. Nutzende zahlen zwischen 150 und 300 Euro für die Teilnahme an einem Kurs.