Jeder vierte Hausarzt plant, in den nächsten fünf Jahren aus dem Beruf auszuscheiden. Zugleich wollen Hausärzte bis 2030 ihre Wochenarbeitszeit um 2,5 Stunden reduzieren, das wäre ein Minus von etwa fünf Prozent. Das geht aus einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung mit dem Institut für Gesundheitsversorgungsforschung und Klinische Epidemiologie der Universität Marburg hervor. Die Zahl unbesetzter Hausarztsitze könnte sich aufgrund dieser Entwicklung von derzeit 5000 verdoppeln.
Nach Einschätzung der Gesundheitsexperten der Bertelsmann Stiftung muss dies nicht zwangsläufig die Realisierung des von der Bundesregierung geplanten Primärarztmodells verhindern oder behindern. Die Lösung des zunehmenden Knappheitsproblems sehen sie in mehreren arbeitsentlastenden Maßnahmen für die Hausarztpraxen: der konsequenten und funktionstüchtigen Digitalisierung aller Praxisabläufe, dem deutlichen Abbau von Bürokratie und der Delegation von bislang ärztlichen Arbeiten auf ein höher qualifiziertes Mitarbeiterteam.
Wie die Umfrage zeigt, arbeiten alle – Selbständige und Angestellte – im Schnitt 44 Wochenstunden. Bei den Freiberuflern sind es 48,5 Stunden, bei den Angestellten 32,3 Stunden; unter ihnen gibt es einen wachsenden Anteil von Frauen und Teilzeitarbeit. Auf die Arbeit in der Sprechstunde entfallen im Schnitt aller Ärzte 31,1 Stunden, auf Hausbesuche 4,8 Stunden sowie 8,1 Stunden für andere Tätigkeiten wie Fortbildung und insbesondere Verwaltung. Im Vergleich zu den angestellten Ärzten sind die Selbständigen mit 10 Wochenstunden für diese andere Arbeit fast dreimal so stark belastet wie ihre angestellten Kollegen.
Insgesamt 35,5 Milliarden Euro haben Krankenhäuser nach Daten des Bundesrechnungshofs neben ihren regulären Einnahmen aus DRG und Privatvergütungen seit dem Ausbruch der Anfang 2020 bis März 2025 aus dem Bundeshaushalt erhalten. Der größte Teil – 18,4 Milliarden Euro – entfiel auf Freihaltepauschalen, die der Bund den Kliniken wegen nicht ausgelasteter Kapazitäten zahlte. Weitere pandemiebedingte Subventionen waren der Versorgungsaufschlag (3,1 Milliarden Euro), Zusatzentgelte für Testungen (2,9 Milliarden Euro), Zuschläge für coronabedingte Mehrkosten (1,1 Milliarden Euro) und Investitionen für Intensivbetten (700 Millionen Euro). Steigende Energiekosten (nicht pandemiebedingt) kompensierte der Bund mit fünf Milliarden Euro, hinzu kamen Milliardenbeträge aus Strukturfonds.
Große Teile dieser Subventionen wie der Versorgungsaufschlag seien „planlos und abgekoppelt von den tatsächlichen Bedarfen" gewesen, so die kritische Bilanz des Bundesrechnungshofs von dieser Woche. Die Bemessung habe an keinerlei Daten angeknüpft, die Aufschluss über die tatsächliche Belastung der Kliniken durch die Corona-Versorgung hätten geben können. Schon sehr früh habe es Hinweise gegeben, dass die Freihaltepauschalen zu Überkompensationen geführt haben.
Der Rechnungshof kritisiert zudem, dass die meisten Subventionen kumulativ gewährt worden seien. Wesentliche Leistungsmerkmale seien nicht schlüssig oder zu großzügig bemessen worden. Die Erwartung des Bundesgesundheitsministeriums, die Versorgungspauschalen hätten in Kombination mit Freihaltepauschalen zu keinen Überkompensationen geführt, entbehre einer „sachlichen Grundlage".
Explizit nicht geteilt wird die Auffassung des BMG, die Zahlung der Freihaltepauschalen sei frühestmöglich beendet worden. Neben konstruktionsbedingten inhaltlichen Mängeln habe es sowohl an Regelungen zur Nachweisführung durch die Kliniken als auch an daran anknüpfenden Prüfungen durch die Länder gefehlt.
Das Urteil des Bundesrechnungshofs über die Verteilung der Milliarden an die Kliniken fällt vernichtend aus: Ohne originäre Zuständigkeit und ohne entsprechende Gestaltungsrechte zu erhalten, habe der Bund seine Verantwortung für die Krankenhausversorgung ausgebaut. Mit den kumulativen Subventionen seien „zwangsläufig... Strukturen verstetigt" worden, „die sich in der Fläche längst als ineffizient bewiesen hatten".
Eine weitere Schlussfolgerung: Die Länder müssten ihrer Finanzierungsverantwortung für die Klinikstruktur künftig konsequent nachkommen. Mit Blick auf den ab 2026 vorgesehenen Transformationsfonds müsse der Investitionsstau aufgebrochen werden. „Ineffiziente Strukturen dürfen nicht weiter gefestigt werden", so die Rechnungsprüfer.
Der Verband der Universitätsklinika (VUD) teilt die Einschätzung des Bundesrechnungshofs. Daraus ergeben sich zentrale Schlussfolgerungen für die Umsetzung der : Nachbesserungen am Transformationsfonds, möglichst wenig Ausnahmeregelungen zur Förderung effizienter Strukturen und eine Konzentration auf systemrelevante Einrichtungen – neben großen Krankenhäusern auch die Universitätskliniken, die während der Pandemie die Hauptlast der Versorgung getragen haben. Hierzu fordert der VUD die bislang nicht vorgesehene Einbeziehung der Universitätskliniken in den Transformationsfonds
Vor dem Hintergrund einer Verdoppelung der Zahl pflegebedürftiger Menschen seit 214 auf aktuell 5,6 Millionen Menschen fordert der Medizinische Dienst Bund in seinem am Donnerstag erstmals vorgestellten „Report Pflegebedürftigkeit“ eine Modernisierung der Begutachtung und ihrer Zielsetzung: Sie müsse zu einem initialen Fallmanagement und einer bedarfsgerechten Versorgungsplanung erweitert werden, um den Gesundheitszustand und die Autonomie Pflegebedürftiger möglichst früh zu stabilisieren. Nach Daten des Medizinischen Dienstes beantragen Versicherte zu 57 Prozent Pflegegeld zur Versorgung in der eigenen Häuslichkeit durch Angehörige, 11,6 Prozent beantragte ambulante Leistungen und 20,4 Prozent Kombinationsleistungen aus Pflegegeld und Sachleistungen. Nur jeder Zehnte stellte einen Antrag auf vollstationäre Pflege.
Dr. Eckart Fiedler, ehemaliger Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, ist am 6. Juni im Alter von 82 Jahren gestorben. Der gebürtige Danziger studierte in Mainz Medizin, Politikwissenschaften und Soziologie. Nach seiner Approbation und Promotion arbeitete er am Bakteriologischen Institut der Uni Mainz und war zugleich Geschäftsführer der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. 1972 ging er als Leiter der Honorarabteilung zur KBV und wurde 1977 deren Hauptgeschäftsführer. Sein wesentliches Augenmerk galt der sogenannten Ärzteschwemme und ab Mitte der 1980er Jahre einer umfassenden Reform des EBM, als deren Folge eine erste, zeitlich begrenzte Budgetierung der kassenärztlichen Vergütung mit den Kassen vereinbart wurde. 1988 wechselte Fiedler an die Spitze des Verbandes der Ersatzkassen und ging 1995 bis 2006 als Vorstandsvorsitzender zur Barmer. In dieser Zeit fusionierte die Barmer mit der Gmünder Ersatzkasse und stabilisierte damit für längere Zeit ihre Marktführerschaft. Auf Basis der Gesundheitsreform von 2003 schloss er den ersten Hausärztevertrag mit dem Hausärzteverband als Selektivvertrag ab und kombinierte dies durch eine Partnerschaft mit den Apothekern zu einer Integrationsversorgung, die damals gesondert gefördert wurde. Diese spezielle Vertragskonzeption verwarf das Bundessozialgericht als nicht zulässig – und damit war der erste Hausarztvertrag zunächst gescheitert.
Dr. Jenny De la Torre, Obdachlosen-Ärztin in Berlin, ist am Dienstag im Alter von 71 Jahren gestorben. Die gebürtige Peruanerin, aufgewachsen in den Anden, erfuhr bereits als Jugendliche Erfahrungen mit Armut und Krankheit. Ihr Wunsch, Ärztin zu werden, wurde mit einem Studienstipendium der DDR 1976 erfüllt. Nach dem Studium in Leipzig und einer Weiterbildung zur Kinderchirurgin an der Charité rückte immer mehr die Not von Obdachlosen und ihre Gesundheitsversorgung in den Vordergrund ihrer Arbeit. 1994 organisierte sie eine Notfallpraxis am Ostbahnhof, sammelte Unterstützer und baute eine eigene Stiftung mit einem Gesundheitszentrum in Berlin-Mitte auf. Für ihre Verdienste um die Versorgung von Menschen in schweren Notlagen ehrte sie der Virchowbund 2022 mit der Kaspar-Roos-Medaille.