Zellmaterial-Engpass bei Primärer Ciliärer Dyskinesie beseitigen

PCD (Primäre Ciliäre Dyskinesie) ist eine sehr seltene angeborene Erkrankung der Atemwege, deren Erforschung auch dadurch erschwert wird, dass meist nur wenig Zellmaterial zur Verfügung steht. Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat nun neue Wege gefunden, um diesen Engpass zu beseitigen.

Forschungsteam konnte induzierte pluripotente Stammzellen herstellen

PCD (Primäre Ciliäre Dyskinesie) ist eine sehr seltene angeborene Erkrankung der Atemwege, deren Erforschung auch dadurch erschwert wird, dass meist nur wenig Zellmaterial zur Verfügung steht. Ein interdisziplinäres Forschungsteam am Hannoverschen Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) hat nun neue Wege gefunden, um diesen Engpass zu beseitigen.

Bei Primärer Ciliärer Dyskinesie ist die Bewegung der Zilien durch verschiedene Genfehler gestört. Fast jede menschliche Körperzelle besitzt Flimmerhärchen – bewegliche oder unbewegliche. In den Atemwegen sind bewegliche Zilien normalerweise für den Abtransport von Schleim, Bakterien und sonstigen Zellabfällen verantwortlich. Ist dieser Abtransport aus der Lunge, wie bei Menschen mit PCD gestört, hat dies umfangreiche Folgen für die Gesundheit der Atemwege.

Dem interdisziplinären Team aus Expertinnen und Experten aus der Grundlagenforschung und Medizin ist es jetzt gelungen, Blutzellen von zwei Patientinnen und einem Patienten mit PCD zu isolieren und hieraus induzierte pluripotente Stammzellen herzustellen. Diese besonderen Zellen lassen sich im Labor unbegrenzt in Zelllinien vermehren und zu Zilien-tragenden Atemwegszellen weiterentwickeln.

Analyse der wichtigsten Genfehler möglich

Jede der Personen, und damit auch die einzelnen Zelllinien, die aus ihrem Blut gewonnen wurden, trägt einen der relevantesten Genfehler, die PCD verursachen. So besitzt eine Zelllinie einen Gendefekt, durch den die Zilien auf den Atemwegszellen komplett fehlen. Bei der zweiten ist die Ultrastruktur der Zilien gestört, was ihre Funktion einschränkt und auch bei der dritten Zelllinie, führt der enthaltene Gendefekt zu funktionslosen Zilien.

Mit Hilfe der neuen Zelllinien, steht den Forschenden ausreichend viel Material zur Verfügung, um ein in vitro-Modell der PCD zu entwickeln. Ein wichtiger Schritt für die PCD-Forschung. Denn basierend auf diesem neuen Modell können in Zukunft die Krankheitsursachen der Primären Ciliären Dyskinesie genauer untersucht und zielgerichtete Therapieoptionen entwickelt werden, so die Hoffnung der Forschenden.

Referenzen:
1. BREATH-Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung: Interdisziplinäres Team findet neue Wege für die PCD-Forschung.
2. Dahlmann, J. et al.: Generation of two hiPSC lines (MHHi016-A, MHHi016-B) from a primary ciliary dyskinesia patient carrying a homozygous 5 bp duplication (c.248_252dup (p.Gly85Cysfs*11)) in exon 1 of the CCNO gene. In: Stem Cell Research, Juli 2020, Vol. 46  DOI: 10.1016/j.scr.2020.101850
3. Drick, N.: Generation of two human induced pluripotent stem cell lines (MHHi017-A, MHHi017-B) from a patient with primary ciliary dyskinesia carrying a homozygous mutation (c.7915C > T [p.Arg2639*]) in the DNAH5 gene. In: Stem Cell Research, Juli 2020, Vol. 46 DOI: https://doi.org/10.1016/j.scr.2020.101848
4. Sahabian, A. et al.: Generation of two hiPSC clones (MHHi019-A, MHHi019-B) from a primary ciliary dyskinesia patient carrying a homozygous deletion in the NME5 gene (c.415delA (p.Ile139Tyrfs*8)). In: Stem Cell Research, Oktober 2020, Vol. 48 DOI: 10.1016/j.scr.2020.101988