Gesundheitsbewusstsein von Männern heute

Untersuchungen bestätigen immer wieder, dass Männer den Gang in die ärztliche Praxis eher meiden als Frauen. Warum ist das so?

Was Sie über das Gesundheitsverhalten von Männern wissen sollten:

Anzahl der Arzt-Patienten-Kontakte: Frauen führen

Dass Männer den Gesundheits-Check-Up und den Arztbesuch im Allgemeinen scheuen, ließ sich wiederholt nachweisen. So kommt etwa die Kaufmännische Krankenkasse (KKH), eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenversicherungen, zu folgendem Ergebnis: Im Jahr 2021 haben 94% der in der KKH weiblichen Versicherten eine ambulante medizinische Versorgung bei Allgemein- oder Fachärzten in Anspruch genommen, wohingegen es nur 87% der Männer waren. Ebenso ist die Häufigkeit der Praxisbesuche geschlechtsspezifisch verschieden: Frauen suchten letztes Jahr durchschnittlich zehnmal medizinischen Rat, Männer hingegen nur sechsmal.2

Auch eine Studie im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) lieferte interessante Fakten zur medizinischen Versorgung und Früherkennung bei Männern: Nur 40% der männlichen Bürger nehmen ab ihrem 35. Lebensjahr regelmäßig an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen teil. Bei den Frauen ab 20 waren es hingegen ganze 67%. Zwar nimmt die Zahl derer, die sich mehr um ihre Gesundheitsvorsorge kümmern, mit dem Alter zu, allerdings bleibt die Geschlechterschere vorhanden: Unter den 60- bis 69-Jährigen nehmen 59% der Männer und 76% der Frauen Präventionsmaßnahmen in Anspruch.1 Und das, obwohl Männer zum Teil durchaus mit mehr gesundheitlichen Risiken rechnen müssen als Frauen. Laut dem Informationsblatt "Daten und Fakten zur Männergesundheit in Deutschland 2022" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)1 leiden männliche Bürger häufiger unter Übergewicht und Diabetes mellitus, neigen mehr zum Nikotinabusus und erkranken öfter an Krebs. Zudem ist auch die Gefahr höher, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erleiden oder sogar an einer chronisch ischämischen Herzkrankheit bzw. einem Herzinfarkt zu versterben.1

Ursachen: Schamgefühl, Verdrängung und Co.

Aber warum nehmen Männer seltener an Präventionsmaßnahmen sowie Vorsorgeuntersuchungen teil und haben weniger ärztlichen Kontakt? Eine konkrete Antwort hierauf gibt es leider nicht, allerdings existieren einige Theorien: diese reichen von Bequemlichkeit3,4 und Scham (z.B. bei erektiler Dysfunktion (ED) oder psychischen Problemen)3,5 bis hin zur Angst vor dem Erhalt einer schwerwiegenden Diagnose.6 Letzteres lässt sich umgehen, indem Arztbesuche und Vorsorgeuntersuchungen vermieden werden – eine paradoxe Denkweise, die aber unter Männern recht verbreitet ist.6 Ebenso wird vermutet, dass sich Männer im Gegensatz zu Frauen weniger um ihr Wohlbefinden sorgen; die von der BZgA erhobenen Daten zum Interesse an der eigenen Gesundheit weisen zumindest darauf hin: Nur 33% der befragten Männer stimmten der Aussage "Über meine Gesundheit will ich alles wissen" zu, wohingegen es unter den Frauen 40% waren.1

Ein weiterer Grund könnte sein, dass das traditionelle Rollenbild des starken Mannes, den nichts aus der Bahn wirft und der stets gesund ist, doch noch nicht so überholt ist, wie angenommen wird. Krankheit bzw. ein Praxisbesuch wird demnach von den Betroffenen mit Schwäche assoziiert.7 Auch wird Männern weniger Kommunikationsfähigkeit nachgesagt; dies führe dazu, Probleme lieber selbst mit sich auszumachen, statt (medizinischen) Rat zu suchen.8

Trotz allem darf der Grund für die Geschlechterschere nicht nur in der männlichen Psyche gesucht werden: Insbesondere jüngere Frauen suchen beispielsweise nicht nur aufgrund von Krankheiten und Vorsorgeuntersuchungen den medizinischen Kontakt, sondern ebenso zur Verhütungsberatung und Schwangerschaftsvorsorge.2

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Doch wie lässt sich die medizinische Versorgung von Männern verbessern? Hierfür gibt es unterschiedliche Ansätze: Zum einen kann es effektiv sein, an den Familiensinn des Betroffenen zu appellieren:6 So solle der Patient doch bitte an seine Kinder denken, die ihn ja möglichst lange fit und gesund um sich haben wollen, weswegen Präventionsmaßnahmen und die Früherkennung von Erkrankungen besonders wichtig seien. Dies könnte als Motivation zur Vorsorge dienen. Vielleicht könnten auch mehr telemedizinische Angebote nützlich sein; dies gilt insbesondere dann, wenn Kontaktängste aufgrund von Krankheiten oder gesundheitlichen Problemen, die viele Männer als peinlich empfinden, die Betroffenen von der Praxis fernhalten. So zeigte eine Auswertung einer urologischen Online-Plattform zur Behandlung der ED, dass 36% der Befragten aus Scham und Diskretion vorher noch nie einen Hausarzt oder Urologen bezüglich der Symptomatik konsultiert hatten.4

Des Weiteren sollte nicht der Wettbewerbssinn vieler Männer vergessen werden; dieser könnte z.B. durch das Empfehlen von Gesundheits-Apps zur Erfassung der täglichen Schrittzahl, Kalorienzufuhr, Herzfrequenz etc. genutzt werden,um so beispielsweise das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. 

Fazit für die Praxis

Zwar muss weder Mann noch Frau wegen jeder Kleinigkeit die ärztliche Konsultation suchen, doch regelmäßige Präventionsmaßnahmen, Vorsorgeuntersuchungen und frühzeitige Diagnosen bzw. Therapien sind essenziell für den Erhalt einer guten Lebensqualität. Maßgeschneiderte Kampagnen und Versorgungsideen, die mehr auf die männliche Psyche eingehen, könnten dabei helfen, einen Gleichstand der Geschlechter bezüglich der medizinischen Versorgung sowie der Vorsorge zu erreichen und so die Männergesundheit zu steigern.

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Quellen:
  1. Info-Blatt: Daten und Fakten zur Männergesundheit in Deutschland. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); 2022. Im Internet: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/Programme/2022-06_maennergesundheit_faktenblatt.pdf; Stand: 2022
  2. Arztbesuche: Männer holen auf. 2022. Im Internet: https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/arztbesuche; Stand: 01.11.2022
  3. Berentzen M. Das sind die fünf häufigsten Gründe, warum Männer nicht zum Arzt gehen. 2021. Im Internet: https://www.gq-magazin.de/body-care/artikel/gruende-warum-maenner-nicht-zum-arzt-gehen; Stand: 01.11.2022
  4. Rodler S, von Büren J, Buchner A, Stief C, Elkhanova K, Wülfing C, Jungmann S. Epidemiology and Treatment Barriers of Patients With Erectile Dysfunction Using an Online Prescription Platform: A Cross-Sectional Study. Sex Med. 2020 Sep;8(3):370-377. doi: 10.1016/j.esxm.2020.04.001. Epub 2020 May 17. PMID: 32434669; PMCID: PMC7471089.
  5. Weißbach L, Stiehler M. Männergesundheitsbericht 2013: Psychische Gesundheit. Hans Huber; 2013. Im Internet: https://www.stiftung-maennergesundheit.de/publikationen-details/der-vierte-m%C3%A4nnergesundheitsbericht; Stand: 2022
  6. Preuk M. Rollenbild wird ihnen zum Verhängnis: Warum Männer zu selten zum Arzt gehen. 2018. Im Internet: https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/maenner/maennerserie-warum-maenner-so-oft-schlecht-bei-der-vorsorge-sind-und-so-oft-hypochonder_id_9391848.html; Stand: 01.11.2022
  7. Weißbach L. Erster Deutscher Männergesundheitsbericht. Zuckschwerdt; 2010. Im Internet: https://www.stiftung-maennergesundheit.de/publikationen-details/der_erste_maennergesundheitsbericht; Stand: 2022
  8. Knoke M. Gesundheitsverhalten: Warum Männer den Arzt scheuen. 2017. Im Internet: https://www.spektrum.de/news/warum-maenner-gesundheitsmuffel-sind/1505923; Stand: 01.11.2022